Eventuell nichtgewollter Antisemitismus

Zur Kommunikation antijüdischer Ressentiments unter deutschen Durchschnittsbürgern

Was macht (intersubjektiv kommunizierten) Antisemitismus zu dem, was er ist, und mit welchen Verfahren und Kategorien ist ihm analytisch und definitorisch beizukommen? Die Antworten, die Rancs qualitative Antisemitismus-Studie auf diese Fragen gibt, verdanken sich zum einen der Fülle und Vielfalt des empirischen Materials, das ihr – mit 32 Gruppendiskussionen und 130 Einzelinterviews – zugrunde liegt, und zum anderen dem differenzierten und differenzierenden Umgang mit ihm. Anders und aufwendiger als gemeinhin üblich, wurde hier zunächst einmal jedes ‚Sprechen über Juden’ in den Fokus gerückt, ob antisemitisch, anti-antisemitisch oder keines von beidem. Dergestalt ließ sich nicht nur, komparativ geschärft, die ressentimentspezifische Machart antijüdischer Argumentationen herausarbeiten. Ebenfalls komparativ geschärft, gab das Argumentations- und Interaktionsverhalten der Probanden zudem Aufschluss über die psycho- und soziodynamischen Implikationen antijüdischer Ressentiment-Kommunikation. Gemäß den analytischen Zugriffsmöglichkeiten und dem theoretischen Ertrag, den sie bereithielten, stellt die Studie ebenso anschaulich inner- und interdisziplinäre Grenzziehungen in Frage wie etwa die Erklärungspotentiale gängiger Kategorien wie der des Vorurteils. [Stattdessen wird hier in Anlehnung an Nietzsche und Sartre das gegenstandsadäquatere Ressentiment als zentrale Kategorie definiert, und kommen darüber hinaus sowohl soziologische wie (gesprächs-)rhetorische, argumentationstheoretische wie psychoanalytische Kategorien und Erkenntnisse zur Anwendung.]