Plattformkapitalismus und die Krise der sozialen Reproduktion
Nicht zuletzt die gegenwärtige Krise um die Ausbreitung des Coronavirus zeigt, wie sehr sich Plattformunternehmen bereits zu zentralen Infrastrukturen der Reproduktion entwickelt haben – ein Aspekt, der in Diskussionen um digitale Plattformen zumeist unterbelichtet bleibt. Auch wenn selten in diesem Zusammenhang diskutiert, intervenieren Plattformen wie Helpling, Deliveroo, Care.com, Airbnb, Uber und viele weitere direkt oder indirekt in soziale Reproduktionsverhältnisse. Dies betrifft etwa die Betreuung von Kindern, Ernährung oder Pflege ebenso wie die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung oder die gesamtgesellschaftliche Organisation dieser Tätigkeiten. Damit sind nur einige Beispiele eines multidimensionalen Verhältnisses zwischen neuen Formen digital vermittelter und organisierter Arbeit und sozialen Reproduktionskrisen genannt. Der Band versucht sich an einer Vermessung dieses Verhältnisses und versammelt vielfältige theoretische und empirische Beiträge, die sich etwa mit der Entwicklung der Hausarbeit im digitalen Kapitalismus, vergeschlechtlichter Ungleichheit in plattformvermittelter Sorgearbeit oder mit den Potenzialen und Grenzen kooperativer Ansätze im Kontext der Plattformökonomie beschäftigen.
Über die Herausgeber:innen
Moritz Altenried ist Post-Doc am Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) und am Institut für Europäische Ethnologie der HU Berlin. Er promovierte zur Transformation der Arbeit im digitalen Kapitalismus. Forschungsschwerpunkte: Arbeit, Digitalisierung, Migration, Plattformen und urbane Logistik.
Julia Dück, Referentin für Soziale Infrastrukturen, verbindende Klassenpolitik, Gesundheit und Care am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa Luxemburg Stiftung. Sie promovierte zu Kämpfen um Care in der Krise und Transformationen der sozialen Reproduktion. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: marxistische und feministische Gesellschaftstheorie, soziale Reproduktion, Geschlechterverhältnisse, Care und Gesundheit sowie die darum stattfindenden gesellschaftlichen Kämpfe.
Mira Wallis, wiss. Mitarbeiterin und Doktorandin am Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) und am Institut für Europäische Ethnologie der HU Berlin. Gemeinsam mit Moritz Altenried und Manuela Bojad¸ijev arbeitet sie im DFG-geförderten Forschungsprojekt "Digitalisierung von Arbeit und Migration". Arbeitsschwerpunkt: ortsungebundene Plattformarbeit (sog. Crowdwork).